Gestern Nachmittag ist Erni eingeschlafen. Sie und ihre Geschichten werden mir immer in Erinnerung bleiben. Es wird leiser werden im Hühnerstall. So viel steht fest.
Erni war einfach immer für einen Lacher, eine nette Anekdote oder einen liebevollen Blick gut. War es ihre tollpatschige Art, ihre Kameraaffinität oder ihre Schusseligkeit. Sie musste sich ständig gegenüber den anderen behaupten. Obwohl sie eigentlich nichts lieber gemacht hat, als sich allein im hohen Gras zu vergnügen, Schmetterlinge zu jagen oder den Kompost umzugraben.
Erni liebte die Freiheit. Das Hühnergehege ist zwar recht üppig, trotzdem zog es sie ständig in die Weite. Die Weite des Feldes. In die Verborgenheiten der Wiese. Lieber einmal etwas länger strawanzen um sicher zu sein wirklich alles erledigt zu haben. Erni war ständig nass. Es war ihr egal ob es aus Kübeln schüttete. Wenn Erni auf Entdeckungstour war, konnte sie nichts aufhalten. Sie liebte die Nachmittagsjause, auch wenn ihr Durchsetzungsvermögen an der Futterschüssel zu wünschen übrig ließ.
Sie kam mit einem offenen Hals in die solidarische Hühnerwirtschaft, war gefühlt ständig in der Mauser und auch immer wieder krank. Richtig vital, fit und wunderschön war sie eigentlich nie. Erni war besonders. Sie war einfach anders. Von ihrem ständigen Gesummse und Gesinge ganz zu schweigen. Sie war präsent, einfach immer da, obwohl eigentlich immer mit ihrem Kopf in den Wolken. Ihre Laute klangen wie Geschichten, die sie sehr eindringlich erzählte. Sie waren ihr wichtig, sie wollte gehört werden. Sie war auch wirklich oft schon in der Ferne zu hören, was immer ein Lächeln in mein Gesicht gezaubert hat.
Erni war eine Henne, an die man sich erinnert. Ein Leben lang. Sie war eine Einzelkämpferin und trotzdem so sehr ein Teil der Hühnergruppe wie es wohl lange keine Henne mehr sein kann. Erni, du fehlst mir schon jetzt.
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